In den Jahren 2018 und 2024 bin ich nach Nord-Pakistan gereist,
in die Region Gilgit-Baltistan, die an China grenzt. Früher war die Region stark isoliert, dann brachte die Modernisierung des Karakorum-Highways neue Lebensgewohnheiten. Er ist Teil der "Neuen Seidenstraße" und zeigt, welche Auswirkungen das chinesische Megaprojekt auf das Leben der Menschen haben kann. Welche Hoffnungen mit ihr verbunden sind - und welche Gefahren.

Hier leben vor allem Ismailiten, ein liberaler Zweig des schiitischen Islam. Sie gelten als weltoffen, fortschrittlich und aufgeklärt. Frauen tragen keine Schleier und fahren Auto, Bildung hat für alle einen hohen Stellenwert.

Das Bautra Inn

Izzat Ullah Big eröffnete das "Batura Inn" im Jahr 1974. Es war das erste Hotel in Pasu, einem kleinen Dorf in den nördlichen Regionen Pakistans. In den 80er und 90er Jahren reisten viele Touristen aus dem Westen und Japan hierher. In die Gästebücher des Hotels schrieben sie über ihre Erfahrungen und gaben anderen Reisenden Ratschläge. In Zeiten, in denen es kein Internet gab, waren diese Bücher wahrscheinlich die Lonely Planets jener Tage. Sie erklären, welche Route man wählen sollte, was die aktuellen Preise sind, geben Restaurant-Empfehlungen und schreiben, wo es das beste Gras gibt.

Ab den 2000er Jahren finden sich deutlich weniger Einträge in den Büchern. Das Internet oder die geringere Anzahl von Touristen, die diese Region nach dem 11. September 2001 besuchten, könnten zwei der Gründe dafür sein.

Der Ausbau des Highways im Zuge der chinesischen Seidenstraßen-Initiative bringt wieder mehr Touristen in die Region. Vor allem Pakistanis aus der Region Punjab entdecken den Norden für sich.

"Ich spucke auf die Ehe",

sagt die 35-jährige Dilshawar Bibi als ich sie in ihrem Geschäft in der kleinen Stadt Aliabad treffe.

Vor etwa 15 Jahren ließ sie sich von ihrem Mann scheiden, den sie als Jugendliche heiraten musste. Sie erzählt von Gewalt und Missbrauch.

Doch anders als für viele Frauen in Pakistan, bedeutet ihre Scheidung keine soziale Stigmatisierung, Verstoß aus der eigene Familie oder sogar den Tod. Für Dilshawar Bibi bedeutete ihre Scheidung einen Neuanfang.

Nach ihrer Scheidung wurde sie Schneiderin und nahm allen Mut zusammen, um ihre eigene Schneiderei auf dem zentralen Markt ihrer Heimatstadt Aliabad zu eröffnen. Lange Zeit war sie die einzige Frau der Stadt, die ein Geschäft betrieb. Sie wurde von den männlichen Ladenbesitzern verspottet und beleidigt, viele Männer verboten ihren Frauen, ihre Kleidung zu kaufen. Es dauerte Jahre, bis ihr Geschäft endlich akzeptiert wurde, erzählt sie.

So wurde Dilshawar Bibi zum Vorbild für Hunderte Frauen in der Region: Sie bildet aus, zeigt wie man ein Geschäft leitet und unabhängig wird. Inzwischen hat sie mehrere Geschäftspartnerinnen auf dem Markt. Auch in anderen Städten der Region öffnen immer mehr Frauen ihre eigenen Geschäfte.

Dilshawar Bibis nächster Schritt zu mehr Unabhängigkeit ist der Führerschein. Außerdem möchte sie ihr Geschäft ausbauen und sucht nach einem größeren Laden.

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